Oben links: Gustaph (Belgien 2023, Foto: Roen Lommelen), oben rechts: Sudden Lights (Lettland 2023, Foto: Ritvars Stankevics), unten links: Joker Out (Slowenien 2023, Foto: Urša Premik), unten rechts: Piqued Jacks (San Marino 2023, Foto: Aurora Cesari, Styling: Noell Maggini)

Lesedauer: 15 Minuten

Der Eurovision Song Contest – nicht nur die größte und bekannteste Musikshow Europas, sondern auch der gesamten Welt. Am 13. Mai können wir das Finale der 67. Ausgabe des Contests in unseren Fernsehern verfolgen, live aus Liverpool in der M&S Bank Arena.
Jedes Jahr begeistern sich um die 200 Millionen Zuschauer für den Wettbewerb und das nicht ganz ohne Grund. Im Gegensatz zu gewöhnlichen Musikshows treten hier nicht nur die jeweiligen Künstler an, sondern gleichzeitig auch das Land, welches dieser repräsentiert. Natürlich gibt es dabei zahlreiche Kontoversen, sei es die politische Beeinflussung der Punktevergabe, hinterfragbare Beiträge, welche die Grenzen der Satire deutlich überschreiten, und in vergangenen Jahren selbst vereinzelt Propaganda beinhaltende Lieder.

Was die meisten Leute in Deutschland nicht wissen, ist, dass der ESC aus mehreren Shows besteht – zwei Halbfinale und einem Finale. In den beiden Halbfinalen treten jeweils rund um die 17 Länder an (diese Zahl variiert allerdings Jahr für Jahr ein wenig, da sich die Teilnehmeranzahl der Länder oft ändert) und in diesen Halbfinalen können sich jeweils nur zehn der Länder für das Finale qualifizieren. Dies ist oft die einzige Show des ESC, die wir hier in Deutschland schauen. Das hat den Grund, dass Deutschland, Spanien, Italien, Frankreich und das Vereinigte Königreich sich jedes Jahr direkt für das Finale qualifizieren und nicht an den Halbfinalen teilnehmen müssen aufgrund der hohen finanziellen Unterstützung der Show und dem Europäischen Rundfunk. Insgesamt nehmen also deutlich mehr Länder teil als nur die 26, die wir im Finale zu Gesicht bekommen werden.

Doch die beiden Halbfinale und das Finale sind nicht die einzigen Shows bezüglich des ESC – Die sogenannten „National Finals“, die nationalen Vorentscheidungen der einzelnen Länder, sind laut Fans Fluch und Segen zugleich. Hinter der großen Bühne steckt mehr, als man sich erst denken mag.

Was sind National Finals?

Wer wird beim Eurovision Song Contest antreten? Wer wird unser Land vertreten und somit auch uns und unsere Kultur? Dies sind die ausschlaggebenden Fragen, welche die Vorentscheidungen beantworten sollen. Meist in Form von eigenen TV-Shows mit Viertelfinale, Halbfinale usw. treten mehrere Künstler mit eigenen Liedern an, mit dem Ziel, das eigene Land auf Weltebene zu vertreten. Offiziell muss man nicht aus dem Land kommen, welches man vertreten will, doch dies ist größtenteils der Fall.

Rund um den ESC bildete sich sogar eine echte Fangemeinde, welche sich selbst als „Eurofans“ bezeichnen. Das Bemerkenswerte dabei ist, dass viele National Finals nicht nur auf die eigentlichen Bewohner eines Landes zugeschnitten sind, doch in vielen Fällen auch auf die Fans des ESC. Somit haben National Finals neben dem Auswählen eines Repräsentanten auch die Funktion, die Wartezeit bis zum Contest spannender zu gestalten. Sehen kann man das beispielsweise daran, dass Teilnehmer aus vergangenen Ausgaben eines National Finals oft in einer aktuellen Ausgabe einen erneuten Auftritt erhalten und somit eine neue Chance bekommen, zum ESC zu gehen. Aus diesem Grund ist die Frustration bei Zuschauern nie groß, wenn ihr Favorit nicht gewinnt, da dieser wahrscheinlich in den nächsten Jahren erneut eine Chance haben wird. Somit bilden sich bekannte Gesichter in der Szene – ein Wiedererkennungswert, welche einem immer und immer wieder zum Contest zurückbringt. Ein Beispiel in naher Zukunft wäre beispielsweise Rambo Amadeus, welcher erneut beim ESC teilnehmen will und auch neue Ideen einbringen möchte, beispielsweise dem Integrieren von KI-Software wie ChatGPT.
„Yes, I am considering to, to make some lyrics with AI ChatGPT and put it infront ESC auditorium, wondering how they will like it“ – Rambo Amadeus (Montenegro 2012).

Dieses System hat viele geniale Züge, denn das Ganze macht es deutlich attraktiver, sich für den Contest und die Geschehnisse drumherum zu interessieren, denn es gibt über das gesamte Jahr hinaus stets neue Infos und keine Phasen, bei denen man sich aufgrund von fehlenden Inhalten langweilen müsste. Die gelegentlich nahe Zusammenarbeit der EBU (der Europäische Rundfunkunion) mit den einzelnen Sendern der verschiedensten Staaten schadet dabei auch nicht.

Da man jetzt weiß, was National Finals sind, kommt natürlich die Frage auf, wie viele es überhaupt gibt und welche Länder jeweils einen Vorentscheid organisieren. Diese Frage ist schwieriger zu beantworten als gedacht, da es hier erneut weitere Unterkategorien gibt.
Die erste und am häufigsten vorkommende Art von National Finals ist die, bei denen sowohl die Künstler, aber auch gleichzeitig das jeweilige Lied ausgewählt wird, welches dann nach Liverpool geschickt wird. So oder so ähnlich gestalteten dieses Jahr ganze 24 von insgesamt 37 Länder ihren Vorentscheid, darunter auch Deutschland.
Auch kann es vorkommen, dass nur die Künstler gewählt werden, ohne dabei schon direkt ein Lied zu entscheiden. Das einzige Land, welches ihr Vorentscheid dieses Jahr so strukturiert hat, war Georgien – dazu muss man allerdings auch sagen, dass es kein richtiger Vorentscheid war, denn die Siegerin der Sendung „The Voice Of Georgia“, eine eigentlich vom ESC unabhängige Show, repräsentiert dieses Jahr das Land im Kaukasus.
Die verbleibenden zwölf Länder organisierten dieses Jahr keinen National Final und es wurde intern entschieden (auch „Internal Selection“ genannt). Dabei lässt sich oft ein Muster erkennen, denn die meisten Länder, die dieses Jahr intern entschieden, taten dies bereits letztes Jahr und auch schon lange davor. Genauso ist es auch andersrum – die Länder, die dieses Jahr einen nationalen Vorentscheid hatten, tun dies auch schon seit mehreren Jahren.

Was sind die beliebtesten und bekanntesten National Finals?

Das weitverbreitetste National Final ist in Wahrheit gar keins – das Sanremo-Festival, der wohl bekannteste Musikwettbewerb in Italien neben dem ESC selbst erreichte dieses Jahr im Durchschnitt 10 Millionen Zuschauer und wählt jedes Jahr den besten neuen Song Italiens aus. Der Gewinner oder die Gewinnerin hat die Möglichkeit, Italien beim Contest zu vertreten, doch dies ist nicht das Hauptziel des Sanremo-Festivals. Wenn dies allerdings der Fall ist, kann es sein, dass zwar derselbe Künstler beim ESC teilnimmt, doch der Song kann immer noch verändert werden.
Dieses Jahr gewann der Künstler Marco Mengoni zum zweiten Mal (erstmals gewann er 2013) und vertretet Italien mit seinem Lied „Due Vite“, welches in den italienischen Charts bereits auf Platz 1 gelandet ist und Platin erreichte.

Auch der deutsche Vorentscheid schlug Wellen, denn das erste Mal seit mehreren Jahren stehen Deutschlands Chancen, auf die linke Seite des Scoreboards zu kommen, laut Buchmachern im Vergleich zu vorherigen Ausgaben des ESC sehr groß. Der schlechte Ruf der NDR sollte mit der diesjährigen Ausgabe des Vorentscheids „Unser Lied für Liverpool“ einem Strich durch die Rechnung gesetzt werden – mit Erfolg. Lob gab es viel von den Fans, denn dieses Jahr waren deutlich mehr Genres vertreten und nicht nur die üblichen Radiosongs, die Deutschland den letzten Platz sicherten.
Letztendlich konnte sich die Band „Lord Of The Lost“ mit ihrem Song „Blood And Glitter“ durchsetzen, der erste Metal-Song, um genauer zu sein der erste „Glam Rock“-Song, den Deutschland jemals gesendet hat.

Erstaunen gab es auch in der Ukraine, denn es wurde trotz der derzeitigen Lage ein Vorentscheid organisiert, „Vidbir 2023“. Dieser fand auch tatsächlich in der Ukraine statt, dennoch wurde sich um die Sicherheit gekümmert – als Maßnahme gegen russische Angriffe fand die Sendung unter der Erde in einer Metro-Station statt. Somit konnte man hin und wieder laute Geräusche der Bahnen hören, die vorbeizogen, aber dennoch überzeugte die Show aufgrund der herausragenden Qualität in Anbetracht der Lage.
Das wohl Überraschendste am diesjährigen Vidbir war allerdings der Gewinner: das ukrainisch-nigerianische Duo „Tvorchi“ setzte sich mit ihrem modernen Popsong „Heart Of Steel“ gegen die Fanfavoriten durch, bei denen es sich oftmals um traditionelle Folklore handelt. Buchmacher bezweifeln einen erneuten Sieg der Ukraine, eine hohe Platzierung ist ihnen mit diesem sehr englisch-orientierten Song in Liverpool allerdings gesichert.

Eine solche Überraschung gab es auch bei Spanien letztes Jahr, denn das üblicherweise sehr schlecht abschneidende Land wählte beim „Benidorm Fest 2022“ die Künstlerin „Chanel“ mit ihrem Song „Slomo“ und erreichten Platz 3, ein Aufstieg von 21 Plätzen im Vergleich zu 2021. Auch dieses Jahr wird versucht, den Erfolg weiterzuführen, denn „Blanca Paloma“ gewann Benidorm 2023 mit ihrem traditionell-inspirierten Flamenco-Lied „Eaea“ und ist einer der Favoriten, wenn es um den diesjährigen Gewinner geht.
Da Spanien ein Teil der „Big-5“ ist (neben Deutschland, Italien, Frankreich und dem Vereinigten Königreich), muss sich das Land nicht davor sorgen, in einem der beiden Halbfinale auszuscheiden, denn die Regel besagt, dass diese fünf Länder (und dieses Jahr auch die Ukraine als „Wiedergutmachung“ dafür, dass der Contest nicht im Gewinnerland stattfinden kann) aufgrund ihrer starken finanziellen Unterstützung des Contests und der EBU direkt ins Finale einziehen – nicht, das Spanien es dieses Jahr nötig hätte.

Es kommt auch vor, dass kleinere Länder einen Vorentscheid organisieren, beispielsweise Lettland mit ihrer jährlichen „Supernova“-Sendung. Unbekanntere Länder werden von Fans oft übersehen, doch wenn der Repräsentant feststeht, gibt es den ein oder anderen Überraschungsmoment.
Etwas Ähnliches geschah dieses Jahr bei Lettland, denn das Land, welches sich nun für fünf Jahre in Folge nicht für das Finale qualifizieren konnte, besitzt dieses Jahr nun wieder eine Menge an Fans. Der Grund dafür sind die Gewinner der Vorentscheidung – die Band „Sudden Lights“ gewann das National Final für sich mit ihrem außergewöhnlichen Schlaflied in Form von Alternative-Rock und einem lettisch-traditionellen Text, „Aijā“. Bei Fans gibt es allerdings immer noch Sorgen, dass Lettland nun doch ein sechstes Mal im Halbfinale bleibt, da es im sehr kompetitiven Halbfinale 1 gelandet ist, in welchem sich die meisten Fanfavoriten befinden. Dennoch versucht die Band, mit ihrem Lied die Welt zu berühren, da sie mit diesem überforderten Menschen helfen wollen, sich zu beruhigen, als eine Art Schlaflied für die Menschheit.
„“Aijā” was made with the purpose of being a lullaby. When such terrible things are happening in the world, we wanted to bring the light through the most warm and loving form of music – the lullaby!“ – Sudden Lights (Lettland 2023)

Wer sind die Künstler des diesjährigen Contests?

Natürlich treten noch deutlich mehr Künstler an als die gerade Genannten. Einige davon sind uns sogar bereits bekannt, da diese schon in bisherigen Ausgaben des Contests zu sehen waren, beispielsweise „Loreen“, die Gewinnerin von Eurovision 2012 mit ihrem Song „Euphoria“. Dieses Jahr entschied sie den schwedischen Vorentscheid „Melodifestivalen 2023“ zum zweiten Mal für sich und bekommt erneut die Möglichkeit, Schweden beim Contest zu repräsentieren. Ihr diesjähriger Song heißt „Tattoo“, ein Song der Euphoria in vielen Elementen ähnelt, aber ebenfalls der Gegenwart angepasst wurde.
Tatsächlich denken Buchmacher, dass Loreen den Contest erneut gewinnen könnte, das wäre das zweite Mal seit Johnny Logan (Irland 1980 und 1987), dass ein Künstler im Wettbewerb zwei Mal den ersten Platz belegt. Die Prozentzahlen der Buchmacher zeigen, dass Loreen den diesjährigen ESC zu etwa 40% gewinnen kann, jedoch wird diese Statistik von einigen Fans hinterfragt. Das Eurovision-Voting besteht nämlich aus Jury- und Televotes, heißt, dass sowohl Zuschauer als auch eine Jury aus den verschiedensten Ländern Punkte verteilen können. In den vergangenen Jahren bevorzugte die Jury zwar immer Songs wie Euphoria und emotionale Balladen, doch die Zahlen der Televotes besagen das völlige Gegenteil – eher humorvolle und unsinnige Songs, welche von der Jury ignoriert werden, sind bei den Zuschauern beliebter. Dies sorgt für einen gewissen Ausgleich der Ergebnisse, denn so wird kein hundertprozentig unsinniger Song gewinnen, aber auch keine zu kompetitive Ballade, sondern etwas dazwischen – eine Lösung, bei der die meisten Zuschauer in Ordnung mit dem Gewinnerlied sind.
Doch was hat das mit Loreen zu tun? Fans sind der Meinung, dass es dieses Jahr mehr Lieder gibt, welche eher attraktiver für die Zuschauer sind. Nicht, dass „Tattoo“ nicht ansprechend genug für die Zuschauerschaft ist, aber trotzdem hat Loreen viel Konkurrenz. Dennoch wird vermutet, dass die Jury Loreen eine Menge an Punkten gibt und die Leute, die Loreen bereits 2012 mochten, werden eventuell auch für sie stimmen, also bleibt das Ergebnis noch offen.


Diese Umfrage im Eurovision Discord Server Online-Forum spiegelt die Meinung der Eurofans ganz gut wider – auch wenn einige denken, dass Schweden erneut gewinnen könnte, ist die Mehrheit immer noch dagegen. Einig allerdings sind sich die Fans eher beim finnischen Beitrag sowie dessen Chancen in der diesjährigen Ausgabe.
Ebenfalls kann man sich wohl dieses Jahr auf insgesamt bessere ESC Shows freuen, da die Qualität der Lieder von 2023 laut zwei Dritteln der Fangemeinde besser sind als im vorherigen Jahr. Auch die beiden Halbfinale haben Unterschiede in der Qualität, die meisten Eurofans bevorzugen aber das erste Halbfinale.
Ob die Reihenfolge, in welcher die Songs in den Liveshows vorgetragen werden, zufällig bestimmt werden soll, ist eine mit vielen Pro- und Contra-Argumenten debattierte Frage, beispielsweise dass es so fairer wäre, da die Lieder, die näher am Ende gespielt werden, auch eher im Kopf bleiben. Allerdings brauchen die Produzenten der Show eine Abfolge, welche den Zuschauer möglichst lange an seinen Bildschirm bindet – drei langsame Lieder hintereinander wären beispielsweise keine gute Idee. Dennoch ist der Großteil der Interessierten dagegen.
Einer der am meist diskutiertesten Beiträge dieses Jahr stammt aus Kroatien, „Mama ŠČ!” von der Band “Let 3”. Dieser erst verwirrende und unsinnig erscheinende Song hat allerdings eine tiefe Bedeutung – es geht um Putin und Lukaschenko, welche mit satirischen Aussagen stark kritisiert und ins Lächerliche gezogen werden. Dennoch ist das Lied in manchen Augen kontrovers aufgrund der Art und Weise, wie sie die Botschaft auf der Bühne rüberbringen – verkleidet in Kostümen von bekannten Diktatoren und einer unechten Rakete als Requisite. Somit sind sich auch einige Fans unsicher, ob Kroatien sich dieses Jahr für das Finale qualifizieren kann, doch mehr als die Hälfte glaubt daran, Let 3 im Finale zu sehen, wo sie für den ein oder anderen Überraschungsmoment sorgen könnten.
Der ESC hat im Vergleich zum letzten Jahr drei Teilnehmerländer verloren: Bulgarien, Montenegro und Nordmazedonien. Somit wollen viele Leute, dass zum Ausgleich ein Land sein ESC-Debüt feiert und Kasachstan bietet sich da am besten an, da das Land bereits seit 2018 ein Teil des Junior Eurovision Song Contests ist.
Von den Beiträgen, die die geringste Wahrscheinlichkeit haben, sich für das Finale zu qualifizieren, liegt Lettland laut Fans im ersten Halbfinale weit vorne und im zweiten Island. Doch ob das auch so passieren wird, ist fraglich, da sich die Einschätzungen der Fans nur sehr selten mit dem “typischen” Zuschauer des ESC unterscheiden, welche sich nur einmal im Jahr mit dem Contest auseinanderzusetzten und da diese während den Shows nicht die Chance bekommen, die Songs mehrmals anzuhören, um sich eine festere Meinung zu bilden.
Insgesamt kann man also sagen, dass der ESC dieses Jahr bei Fans bereits sehr beliebt ist und ob das auch auf das restliche Publikum zutrifft, wird sich am 13. Mai im Finale oder auch schon in den Halbfinalen am 9. und 11. Mai klären.

Ein Beispiel für einen gut geeigneten Televote-Sieger dieses Jahr wäre Finlands Beitrag „Cha Cha Cha“ von dem Künstler „Käärijä“. Der Song schafft es, viele Genres miteinander zu mischen, beispielsweise Rap, Schlager, Pop und komplett eigene Elemente. So wahnsinnig sich das anhört, Käärijä ist ein klarer Favorit bei den Fans und Platz 2 nach Loreen bei den Buchmachern. Auch der finnische Vorentscheid dieses Jahr war sehr erfolgreich und wird von Eurofans als bestes National Final des Jahres bezeichnet.

Eine riesige Überraschung und Wende gab es auch bei Tschechien, denn dieses Jahr sendet das Land die Band „Vesna“ mit ihrem Song „My Sister’s Crown“. Ein Lied mit so vielen slawischen Elementen, dass es einem typischen Beitrag der Ukraine ähnelt – die Band selber hat sechs Mitglieder mit den unterschiedlichsten slawischen Nationalitäten, weshalb die Aussage gar nicht mal so falsch ist. Vertretene Nationalitäten sind beispielsweise ukrainisch, russisch und sogar bulgarisch, was für bulgarische ESC-Fans eine Erleichterung ist, da Bulgarien dieses Jahr nicht am Contest antritt. Insgesamt sind vier Sprachen im Lied vorhanden – Englisch, Tschechisch, Ukrainisch und Bulgarisch. So viele Sprachen sind nicht ganz untypisch für einen ESC-Song und die Vielfalt macht Lieder bei Zuschauern oft sehr beliebt, was die Buchmacher unterstützen, da sie derzeit auf dem achten Platz der Gewinnwahrscheinlichkeiten liegen. Das ist ungefähr 25 Plätze besser, als die Wahrscheinlichkeiten vom Anfang des Jahres, was erneut die massiven Chancen von Tschechien dieses Jahr zeigt.
Auch letztes Jahr hatte Tschechien einen beliebten Beitrag von der Fangemeinde und die Künstler schienen ihre Zeit beim ESC sehr zu genießen. Es schien viele unvergessliche Momente zu geben, doch laut der Leadsängerin der Band “We Are Domi”, den Repräsentanten Tschechiens im letzten Jahr, war der unvergesslichste Moment wohl der, an dem sie erfahren hatten, dass sie ins Finale einziehen würden.
„I guess the moment that I’ll never forget is probably the moment that we found out that we’re going to the finals when we were in the greenroom with my best friends Casper and Benny. As an independent band, we’d never knew that this is something we’d be able to accomplish, so I guess it’s just being told that we’re getting into the finals and making our friends and family proud, and ourselves.“ – Dominika Hašková (Leadsängerin der Band „We Are Domi“, Tschechien 2022)
Ob es Tschechien wohl erneut möglich ist, die Zuschauerschaft zu überzeugen?

Wie sieht es mit der Zukunft des Contests aus?

Diese Frage zu beantworten ist nicht ganz leicht, da es da viele Einflussfaktoren gibt. Die Zuschauerzahlen bleiben in den letzten Jahren stabil, nun muss man noch abwarten, ob das Aus-der-Mode-Kommen von Fernsehen dem Contest schaden wird. Maßnahmen dagegen werden schon unternommen, denn es ist einem auch möglich, die Show live auf YouTube zu schauen und ebenfalls ist TikTok aktiver Partner des Wettbewerbs – die gigantische Nutzerschaft der Plattform wird der ohnehin enormer Bekanntheit des ESC wohl nicht schaden.

In den letzten Jahren gab es auch einige Kontroversen, wie zum Beispiel der Beitrag von Belarus in 2021, welcher aufgrund von in sich beinhaltender Propaganda disqualifiziert wurde. Da Belarus nicht mehr in der EBU ist, ist eine weitere Teilnahme in naher Zukunft sehr unrealistisch, was auch von der aktuellen Situation des Staates unterstützt wird.
Doch auch dieses Jahr gibt es Kontroversen – der Beitrag von Polen, „Solo“, von der Künstlerin „Blanka“ wird derzeit von Fans und Medien immens hinterfragt und kritisiert, da Polens Vorentscheid „Tu bije serce Europy!“ anscheinend manipuliert wurde und die Gewinnerin Blanka Kontakte in der Jury haben sollte. Noch immer nicht wurden die genauen Votings der einzelnen Jury-Mitglieder nicht veröffentlicht, was die Situation deutlich suspekter macht. Aus diesem Grund sind viele Leute dafür, Polen aus dem Contest zu disqualifizieren aufgrund dem in der Kritik stehenden polnischen Sender „TVP“ und Vorwürfen abseits des Contests wie klarer politischer Meinungsvertretungen, welche in einem eigentlich neutralen Sender nichts zu suchen haben.

Letztendlich sollte man den ESC nicht zu ernst nehmen und ihn schlichtweg genießen, denn der Contest ist schließlich eine Spaßveranstaltung. Der politische Wettbewerb hat zwar nichts in einem Musikcontest wie dem ESC zu suchen, doch man muss probieren, sich nicht von diesem ablenken zu lassen. Äußert eure freie Meinung zu Geschehnissen bezüglich dem ESC gern in den sozialen Medien, doch denkt immer dran: Der Contest findet nur einmal im Jahr statt, genießt dementsprechend das Zuschauen und die kulturelle Vielfalt von einer der spaßigsten Traditionen des Jahres.

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